VDIV: Ortstermine mit Sachverständigen sind auch in Corona-Zeiten durchzuführen

Ist zur Beweisaufnahme ein Ortstermin mit einem Sachverständigen erforderlich, ist der Termin trotz Corona-bedingter Bedenken einer Partei durchzuführen. Die Einhaltung der üblichen Infektionsschutzregeln hat dabei der Sachverständige sicherzustellen, wie das LG Saarbrücken entschied.

Der Fall
Wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum und in einzelnen Sondereigentumseinheiten hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens beantragt. Gegen die vom Gericht angeordnete umfangreiche bausachverständige Begutachtung hatte sich jedoch eine der Parteien aufgrund Corona-bedingter Bedenken ausgesprochen. In der Folge wandte sich der Sachverständige mit der Bitte um Anweisung an das Gericht, wie in der Sache weiter verfahren werden soll.

Die Entscheidung
Das LG Saarbrücken hat entschieden, dass der für die Beweiserhebung zwingend erforderliche Ortstermin stattzufinden hat. Die Furcht einer Partei vor einer Infektion mit dem Corona-Virus sei allein kein erheblicher Grund, keinen Ortstermin durchzuführen. Werden die allgemeinen Regeln des Infektionsschutzes eingehalten, könnten die Termine in dem vorliegenden selbstständigen Beweisverfahren durchgeführt werden, auch wenn an ihnen notwendigerweise fünf Personen oder mehr teilnehmen müssten. Dabei obliege es dem Sachverständigen, den notwendigen Infektionsschutz durch Anordnung der allgemeinen Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht oder Einhaltung des Abstandsgebots sicherzustellen.

Das Gericht führt zudem aus, dass – sofern es seitens einer Partei Bedenken gebe, derzeit einen Ortstermin durchzuführen – diese Partei angehalten sei, für den Eigenschutz zu sorgen oder sich vertreten zu lassen. Der Ortstermin zwinge die Partei nicht dazu, selbst bei den sachverständigen Feststellungen vor Ort anwesend zu sein – sie könne zu den gutachterlichen Feststellungen auch nach Vorliegen des Gutachtens Stellung nehmen.

Dem Landgericht sei bei dieser Entscheidung bewusst, dass die obigen theoretischen Ausführungen zum Infektionsschutz auf besondere praktische Schwierigkeiten stoßen. Da zum Teil konkrete Feststellungen in kleinen Räumen wie Bädern zu treffen sein werden, werde die Einhaltung der Abstandsregeln erschwert. Das Landgericht könne nur an die Parteien appellieren, durch besondere Disziplin einen größtmöglichen Infektionsschutz sicherzustellen.

LG Saarbrücken, Beschluss vom 12.05.2020, 15 OH 61/19


Quelle: VDIV –
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