September 2013

BGH: Zu den Auswirkungen einer zu einem späteren als dem in § 558b BGB* bestimmten Zeitpunkt begehrten Mieterhöhung auf das Sonderkündigungsrecht des Mieters nach § 561 Abs. 1 BGB**

Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit den Auswirkungen einer zu einem späteren als dem in § 558b BGB bestimmten Zeitpunkt begehrten Mieterhöhung auf das Sonderkündigungsrecht des Mieters nach § 561 Abs. 1 BGB befasst.
Paragrafen

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in Berlin. Mit Schreiben vom 7. Januar 2011 wurden sie seitens des Vermieters aufgefordert, mit Wirkung zum 1. August 2011 der Erhöhung der bisherigen Nettokaltmiete um 272,78 € zuzustimmen. Die Beklagten stimmten nicht zu.

Mit der Klage nimmt der Vermieter die Beklagten auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bestätigt, dass der Vermieter nicht gehindert ist, eine Mieterhöhung erst mit Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt als dem sich aus § 558a BGB ergebenden Zeitpunkt geltend zu machen. Rechte des Mieters, insbesondere das dem Mieter bei einer Mieterhöhung zustehende Sonderkündigungsrecht nach § 561 BGB, werden hierdurch nicht unzulässig beschnitten. Begehrt der Vermieter die Mieterhöhung – wie hier – erst zu einem späteren als dem in § 558b BGB genannten Zeitpunkt (hier zum 1. August 2011), ist § 561 BGB nach seinem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass dem Mieter bis unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Mieterhöhung (hier bis zum 31. Juli 2011) die Möglichkeit offen bleibt, sich von dem Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung zum Ende des übernächsten Monats (hier 30. September 2011) zu lösen mit der sich anschließenden Rechtsfolge, dass dem Mieter noch für weitere zwei Monate (hier August und September 2011) die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gegen Zahlung der nicht erhöhten Miete verbleibt (§ 561 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Mieter wird durch ein verfrühtes Mieterhöhungsverlangen somit nicht benachteiligt. Das Mieterhöhungsverlangen des Klägers war daher wirksam und hat zur Folge, dass die Beklagten, die von ihrem Sonderkündigungsrecht aus § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB keinen Gebrauch gemacht haben, ab 1. August 2011 die – der Höhe nach unstreitige – erhöhte Miete schulden.

* § 558b BGB
(1) Soweit der Mieter der Mieterhöhung zustimmt, schuldet er die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens.
(2) Soweit der Mieter der Mieterhöhung nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Verlangens zustimmt, kann der Vermieter auf Erteilung der Zustimmung klagen. Die Klage muss innerhalb von drei weiteren Monaten erhoben werden. (…)
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

** § 561 BGB
(1) Macht der Vermieter eine Mieterhöhung nach § 558 oder § 559 geltend, so kann der Mieter bis zum Ablauf des zweiten Monats nach dem Zugang der Erklärung des Vermieters das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Kündigt der Mieter, so tritt die Mieterhöhung nicht ein.
(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam

Urteil vom 25. September 2013 - VIII ZR 280/12

AG Charlottenburg - Urteil vom 7. November 2011 – 237 C 126/11
LG Berlin - Urteil vom 7. August 2012 – 65 S 430/11

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe

AG Rathenow: Rauchen auf dem Balkon ist erlaubt

Zigarettenqualm im Freien ist grundsätzlich zumutbar. Mieter müssen Zigarettenqualm des Nachbarn auf dem Balkon erdulden. Das Amtsgericht Rathenow hat eine Klage abgewiesen, mit der ein Rentnerpaar erreichen wollte, dass das Rauchen im Freien zeitlich begrenzt wird. Dafür sah das Gericht keine Rechtsgrundlage.

Paragrafen


Hintergrund

Die Kläger hatten sich am Zigarettenqualm von der Etage unter ihnen gestört und waren deshalb vor Gericht gezogen. Sie hatten dem Gericht ein Protokoll vorgelegt, das dokumentierte, wann die Nachbarn zur Zigarette griffen. Auch Fotos hatten sie eingereicht. Konkret wollten die beiden ein Rauchverbot für die Zeiten zwischen 7 und 8 Uhr, 10 und 11 Uhr, 13 und 15 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr und zwischen 20 und 23 Uhr erreichen.

Entscheidung
Die Klage blieb erfolglos. Die Beeinträchtigung infolge des Rauchens der Nachbarn sei noch hinnehmbar. Das Gericht stützte sich auf die Angaben der beklagten Mieter. Danach rauchen sie abwechselnd bis zu zwölf Zigaretten täglich auf dem Balkon. Dies stelle keine übermäßige Belästigung dar, meinte das Gericht und verwies auf eine Entscheidung des LG Hamburg. Dort hatten die Richter einen Konsum von mehr als 20 Zigaretten als nicht mehr hinzunehmende Rauchbelästigung angesehen.
Der brandenburgische Fall erregte besonderes Interesse nach einem Raucher-Urteil aus Nordrhein-Westfalen. Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die fristlose Kündigung eines 75-Jährigen wegen Zigarettenrauchs bestätigt. Der Mann will das Urteil anfechten.
(AG Rathenow, Urteil v. 6.9.2013, 4 C 300/13)

Quelle: www.haufe.de / Haufe-Lexware GmbH & Co. KG